Das schöne an diesem Roman ist, dass er zu großen Teilen in einem Buchladen spielt. In einem Laden für gebrauchte Bücher in einem Vorort von Melbourne, um genau zu sein. Die Charaktere sind den Büchern natürlich sehr zugetan, was sie schon sehr sympathisch macht. Hinzu kommt, dass es in diesem Buchladen eine ganz besondere Einrichtung gibt, die Briefbibliothek. Die Bücher in einem bestimmten Regal dürfen weder gekauft noch ausgeliehen, aber von jedem gelesen und mit Anmerkungen versehen werden.
„Sie heißt Briefbibliothek, weil eine Menge Leute nicht nur Kommentare an den Rand schreiben – sie schreiben ganze Briefe und legen sie zwischen die Seiten eines Buchs. Briefe an den Autor oder an die diebische Ex-Freundin, die ihre Ausgabe von High Fidelity mitgenommen hat. Meistens jedoch schreiben sie an Fremde, die dieselben Bücher mögen wie sie – und manchmal schreibt einer von diesen Fremden zurück.“ (S. 46)
Die Buchhandlung gehört Henrys Familie. Alle Familienmitglieder einschließlich Henry und seiner Schwester George arbeiten mit und lieben es. Leider wirft der Laden nicht sehr viel Profit ab, so dass die Familie über einen Verkauf nachdenken muss. Rachel war lange Henrys beste Freundin, zog vor drei Jahren weg und ist nun wieder in die Stadt zurückgekehrt. Ein Missverständnis steht zwischen ihnen. Auch hat Rachel niemandem erzählt, dass ihr Bruder Cal vor zehn Monaten beim Schwimmen ums Leben gekommen ist und sie danach die Schulabschlussprüfung nicht geschafft hat. Sie nimmt einen Job in der Buchhandlung an, obwohl sie Henry, in den sie einmal verliebt war, nicht mehr wiedersehen wollte.
In diesem australischen Roman geht es um die Verarbeitung von Trauer, um Liebe und die Missverständnisse in Beziehungen, aber auch um die Liebe zu Büchern und was sie uns geben. Charaktere nutzen die Briefbibliothek, um einander zauberhafte Briefe zu schreiben, auch wenn sie manchmal ihre Identität geheim halten. Hier und da wird ein Gedicht vorgelesen und natürlich über Bücher diskutiert. Das Buchmilieu macht für mich den Charme dieser Geschichte aus. Viele junge Buchmenschen fühlen sich anders als andere, eben weil sie lieber lesen als auf laute Partys zu gehen. So geht es auch um Identität und was von uns zurückbleibt, wenn wir sterben. Mein Lieblingssatz aus dem Buch fasst es so zusammen:
„Wir sind die Bücher, die wir lesen, und die Dinge, die wir lieben.“ (S. 380)
Die 1971 geborene Autorin ist Australierin und hat bereits mehrere Young Adult Bücher veröffentlicht. Für den vorliegenden Roman hat sie 2017 den Griffith University Young Adult Book Award bei den Queensland Literary Awards sowie weitere Preise gewonnen.
Eine zauberhafte Geschichte für Buchliebhaber, bei der man den Geruch alter Bücher zwischen den Seiten spürt und sofort anfangen möchte, einen Brief mit der Hand zu schreiben.
Das tiefe Blau der Worte, Cath Crowley, aus dem Englischen übersetzt von Claudia Feldmann, Carlsen Verlag, Hamburg 2018, 400 Seiten, 17,99 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)
Zusatz-Info:
Der Roman ist bei Carlsen inzwischen auch als Taschenbuch
erschienen für 8,99 EUR. Allerdings empfehle ich die gebunde Ausgabe, weil das Cover unter dem Schutzumschlag so besonders hübsch ist.
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