Da ist Paula, eine Buchhändlerin. Von ihrem Mann Ludger, einem Architekten, hat sie sich nach einem Unglücksfall getrennt. Die gemeinsame Tochter Leni wechselt zwischen den Eltern hin und her. Paula verliebt sich in Wenzel, dessen Frau verstorben ist. Ihr innerer Schmerz manifestiert sich in der neuen Beziehung.
Paula ist mit der Ärztin Judith befreundet. Judith hat ihr eigenes Pferd und feste Vorstellungen vom Leben. Die große Liebe oder eine Affäre sucht sie im Internet, blättert durch Profile und trifft sich mit verschiedenen Männern. Mit Hans verbindet sie eine Freundschaft plus. Denn Hans ist verheiratet und hat drei Kinder - nichts für Judith.
Judiths Patientin Brida ist Schriftstellerin. Sie hat zwei Kinder mit Götz, die nach der Scheidung nun bei ihm leben. Wirklich getrennt sind sie aber auch nicht, obwohl Götz nun mit Svenja zusammenlebt.
Die Musikerin Malika war vor Brida mit Götz zusammen. Malika nimmt weiterhin Anteil an Götz‘ Leben, indem sie Bridas Romane liest. Schon als Kind stand Malika im Schatten ihrer Schwester Jorinde. Die Schwester erfüllte die Erwartungen der Eltern nach Erfolg. Malika wünschte sich Kinder, doch nur ihre Schwester bekommt welche.
Jorinde ist verheiratet und hat zwei Kinder. Das Verhältnis zu ihren Eltern ist anstrengend. Auch ahnen diese nicht, dass Jorindes Ehe am Ende und Jorinde wieder schwanger ist. Jorinde wendet sich an Malika und die Schwestern finden einen neuen Weg zueinander.
Allen Frauen gemeinsam ist, dass sie im Osten Deutschlands leben. Alle fünf Frauen lieben oder haben geliebt, Männer, Kinder, Freundinnen. Aber die Liebe ist nicht wie im Bilderbuch, sondern wird schnell zum Ernstfall. Eigentlich sind es alltägliche Geschichten, davon wie eine Beziehung sich verändert, nachdem ein Kind geboren wird, nachdem Alltag und Pflichten Einzug gehalten haben. Erzählt wird vom Neubeginn nach einer Trennung, wenn man mit dem Verlust und der Veränderung umgehen muss. So alltäglich die Geschichten sind, so dramatisch sind sie auch. Eine gescheiterte Ehe oder der Tod eines geliebten Menschen sind Tragödien. Die Entscheidung für oder gegen Kinder sind lebensentscheidend. Beziehungen sind nicht immer gradlinig, sondern mal on and off. Entscheidend ist die Frage, auf wen man sich im Ernstfall verlassen kann.
„In der Hoffnung auf eine Meldung, die schlimmer war als ihr eigenes Leben, lauschte sie den Nachrichten. Wenn sie glaubte, nie mehr einen Augenblick der Freude empfinden zu können, halfen ihr die fernen Opfer von Kriegen oder Naturkatastrophen, von Hungersnöten, Armut und Krankheit. Doch an diesem Tag schien die Welt sich auszuruhen.“ (Paula, S. 55)
Die sehr unterschiedlichen Frauencharaktere sind einfühlsam geschildert, ich konnte mich in jede von ihnen gut hineinversetzen. Ihre Konflikte sind lebensnah. Es handelt sich nicht um romantische Liebesgeschichten, sondern um teilweise heftige Weichenstellungen und Anforderungen. Die Lektüre ist daher keineswegs heiter, aber bewegend.
Gut gemachte, einfühlsame Charakterstudien über Frauen in den Ernstfällen des Lebens. Lesenswert, aber teilweise schwermütig.
Die Liebe im Ernstfall, Daniela Krien, Diogenes Verlag, Zürich 2020, 288 Seiten, 13,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags. Ich danke dem Verlag für das kostenlos zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.)
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