Es handelt sich um einen durchweg farbigen Doppelband von zwei verschiedenen Zeichnern. Der erste Band „Zum Sehen geboren“ behandelt den Zeitraum seit der Geburt bis zur Begegnung Goethes mit Christiane Vulpius in Weimar im Jahr 1788. Dabei beschäftigt sich meist eine Doppelseite mit einem Zeitabschnitt, etwa mit dem Studium in Leipzig oder der Flucht nach Italien. Originalzitate sind in die Bilder eingefügt oder den Personen in einer Szene in den Mund gelegt. Am Schluss folgt eine Kurzbiografie in Jahreszahlen und kurze Werkausschnitte, nämlich das Gedicht „Das Veilchen“, die Schlussszene aus „Götz von Berlichingen“ und ein Ausschnitt aus „Die Leiden des jungen Werther“, jeweils ohne Illustrationen.
Die Zeichnungen des ersten Bandes erinnern mich an einen Kinderzeichentrickfilm. Recht unschuldig läuft Goethe als kleiner Junge umher. Die Bilder sind sehr klar und übersichtlich, alle Orte und Gebäude sind gut erkennbar und originalgetreu wiedergegeben.
Ganz anders sieht der zweite Band „Zum Schauen bestellt“ aus! Nicht nur die Illustrationen haben einen völlig anderen Stil, sind teils martialisch, voller, düsterer. Auch das Konzept ist anders. Bekanntlich hat Goethe sich über Jahrzehnte mit dem Stoff der Faust-Sage beschäftigt und auch an seinem Drama gearbeitet. Nun wird der Faust mit Goethes Leben verknüpft dargestellt, d.h. Szenen aus dem Drama wechseln sich mit Szenen aus der Lebensgeschichte ab. Es beginnt mit dem „Prolog im Himmel“ und setzt fort mit Goethes Reise in das Kriegsinferno, als die deutschen Fürsten 1789 die französischen Revolutionäre bekämpften. Immer im Wechsel geht es so bis hin zu Goethes Tod 1832 und endet mit der Schlussszene aus Faust II. Am Schluss finden sich wieder unillustrierte Werkproben, hier das Gedicht „Gefunden“, ein Ausschnitt aus „Die Wahlverwandtschaften“, eine Szene aus „Faust II“ sowie Gedanken Goethes über den Faust, geäußert gegenüber seinem Sekretär Eckermann.
Das Buch ist informativ und pointiert durch die Bilder manche Punkte in eindrucksvoller Weise. Insbesondere im zweiten Band werden Goethe und Mephisto in Stil von Superhelden dargestellt. Das dürfte bezüglich Goethe der Realität entsprechen, der bereits zu Lebzeiten sehr berühmt und beliebt war, so dass Menschen ihm vor seinem Haus auflauerten. Auch akzentuiert die genaue Ausarbeitung der Gesichter z.B. den ungeheuren Altersunterschied von Goethe und seiner letzten Liebe nach dem Tod von Christiane Vulpius. Goethe hielt 1823, also im Alter von 74, um die Hand der damals 19jährigen Ulrike von Levetzow an. Diese reagierte – sagen wir – zurückhaltend auf sein Werben. Sieht man die Szene im Bild, einen greisen, faltigen Goethe und eine blutjunge Frau, wird die Ungeheuerlichkeit des Unterfangens sehr deutlich.
Eine zugleich informative und amüsante sowie schnelle Art, sich über den Dichterfürsten Goethe zu informieren. Nicht nur seine Lebensstationen, sondern auch seine Werke werden dem Leser nähergebracht. Ein schönes Buch!
Goethe – Die Comic-Biografie – 1749-1832, Doppelband aus Band 1: Zum Sehen geboren und Band 2: Zum Schauen bestellt, Friedemann Bedürftig (Text), Zeichnungen in Band 1 von Christoph Kirsch, Zeichnungen in Band 2 von Thomas von Kummant, Kolorierung in Band 2 von Benjamin von Eckartsberg, Egmont Ehapa Verlag in Kooperation mit dem Goethe Institut, Köln 2007, 112 Seiten, 14,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen