Triggerwarnung! Dieses Buch ist nichts für schwache Nerven.
Nein, es ist kein Thriller oder Krimi, keine Dysthopie. Es ist das echte Leben
mit Depression, mit Selbstmordgedanken.
Benjamin Maack beschreibt autobiografisch, wie er mit einer
schweren Depression in eine psychiatrische Klinik kam. Und das tut er so
authentisch, dass man die Leere, das Grauen, die Gedankenkreisel und den
Selbsthass fast körperlich spüren kann. Er beschreibt seine Gedanken, seine
Gefühle, sein Nicht-fühlen-können, seine Zweifel und die Wirkung der Medikamente.
Er beschreibt auch ausführlich seine Gedanken an den Tod, an das Sterben, an
die Gründe für einen möglichen Suizid. So unaushaltbar das Leben für den Autor zeitweise
gewesen ist, so unaushaltbar sind manche Passagen des Buches, in denen er über
verschiedene Todesarten und ihre Konsequenzen nachdenkt.
Benjamin (ca. 40) ist mit einer wunderbaren Frau verheiratet, hat
zwei kleine Kinder und eine Arbeit. Aber es geht ihm schlecht. Er versucht
immer verbissener zu funktionieren, bis er sich als eine Zumutung für die
Familie empfindet und einfach nicht mehr kann. Das Leben hat seinen Sinn
verloren und ist nur noch anstrengend. Zum zweiten Mal in seinem Leben begibt
er sich in eine psychiatrische Klinik. Dort bemüht er sich, ein „guter Kranker“
zu sein. Ob er Stimmen hört? – Nein. – Dann ist es noch nicht so schlimm, wenn
er keine Stimmen hört, oder? Oder denkt der Arzt jetzt, er sei gar nicht
richtig krank? Nicht mal Stimmen hört er… Benjamin muss die Tage in der Klinik
herumbringen. Er kann nicht richtig schlafen und fängt schon morgens früh an zu
lesen. Denn solange er liest, ist er okay, denkt er. Oder er löst mit anderen
Patienten 1000-Teile-Puzzle. Seine Selbstmordgedanken werden so stark, dass er
auf die Geschlossene verlegt werden muss. Andere Medikamente werden eingesetzt.
Schließlich wird Benjamin entlassen und muss in den Alltag zurückfinden, wieder
funktionieren, unter Menschen gehen.
„Ich bin nett. Ich bin nett, damit die anderen mich mögen. Ich meine, ich bin nett, damit die anderen mich nicht hassen. Das erledige ich ja schon selbst. Darin bin ich selbst gut genug.Ich bin leer. Wie fühlt sich das an? Wie immer. Der Druck im Kopf. Die aufeinandergepressten Zahnreihen. Die verwirrten Tränen hinter den Augen. Leere, die sich wie eine Trauer anfühlt. Worum? Kann grad nicht denken.“ (S. 133)
Benjamin Maacks Buch ist einerseits sehr persönlich und
andererseits sehr universell. Depression ist so individuell wie der Mensch, der
an ihr leidet. Und doch kehren bestimmte Empfindungen und Muster bei vielen Erkrankten
wieder. Es ist ein mutiges Buch, das einen Einblick gibt, wie diese Erkrankung
sich anfühlt, von der man so schwer erzählen kann. „Ist man gesund, kann man
sich nicht mehr daran erinnern, wie es war krank zu sein.“, heißt es im
Klappentext. Dennoch ist es wichtig darüber zu schreiben, weil psychische
Erkrankungen noch immer stark stigmatisiert werden, obwohl sie allgegenwärtig
sind.
Ein berührendes,
verstörendes und lesenswertes Buch über das Leben mit Depression, das in seiner
Offenheit zuweilen schwer auszuhalten ist.
Wenn das noch geht, kann es nicht so schlimm sein, Benjamin
Maack, Suhrkamp Verlag, Berlin 2020, 336 Seiten, 18,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher
Erlaubnis des Verlags. Ich danke dem Verlag für das kostenlos zur Verfügung
gestellte Rezensionsexemplar.)
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