In diesem futuristischen Roman geht es um die Optimierung
der Partnersuche. Wäre es nicht schön, wenn man herausfinden könnte, wer der
eine Mensch ist, der wirklich zu einem gehört? Das Unternehmen Match your DNA bietet
DNA-Analysen für jedermann an, denn die Inhaberin hat ein Partnerschaftsgen
entdeckt. Wenn dieses Gen bei zwei Menschen identisch vorhanden ist, sind sie
für einander bestimmt. Zu Beginn des Romans besteht dieser Service bereits seit
über 10 Jahren und Millionen von Menschen haben ihre genetischen Informationen
hinterlegt.
Der Roman beleuchtet aus der Perspektive unterschiedlicher Menschen,
ob es wirklich wünschenswert oder notwendig ist, seinen Partner auf diese Weise
zu finden. In der dritten Person wird abwechselnd die Geschichte der fünf Protagonisten erzählt.
Mandy ist geschieden, hat zwei Fehlgeburten erlitten und
sehnt sich nach einer Familie. Doch als sie ihr Match kennenlernen will, gerät
sie in seine Trauerfeier. Wird sie den einen Mann, der für sie bestimmt war,
nun niemals kennenlernen? Ist ihre Chance auf eine eigene Familie damit vorbei?
Christopher ist ein gewalttätiger Psychopath. Er staunt
nicht schlecht, als er herausfindet, dass sein Match ausgerechnet Polizistin
ist. Aber es erhöht den Kitzel. Wird sie herausfinden, was er tut, wenn er
gerade nicht mit ihr zusammen ist?
Jade hat ihr Match gefunden und telefoniert täglich mit ihm.
Dummerweise lebt Kevin in Australien und sie in England. Eines Tages macht sie
sich einfach auf den Weg, um ihr Match persönlich kennenzulernen. Eine große
Überraschung erwartet sie.
Ellie ist die millionenschwere Inhaberin von Match your DNA.
Sie hat Schwierigkeiten bei der Partnersuche, da alle Männer nur an ihrem Geld
interessiert zu sein scheinen. Nach zehn Jahren, die sie das Unternehmen
bereits leitet, findet der Computer endlich ein Match für sie. Tim scheint der
nette, normale Mann von nebenan zu sein. Aber obwohl er ihr Match ist,
empfindet Ellie nicht das Feuerwerk von Gefühlen, das dem ersten Treffen
zwischen zwei Matches nachgesagt wird. Wie kann das sein?
Nick ist mit Sally verlobt. Obwohl beide sehr glücklich
sind, drängt Sally darauf, dass sie und Nick den DNA-Test machen. Dieser soll
bestätigen, dass sie wirklich füreinander bestimmt sind. Überraschenderweise
wird nur für Nick ein Match gefunden – ein Mann.
„Sie verabschiedeten sich, und Nick ging zur Rezeption zurück. Während er sein Handy vor das Lesegerät hielt und bezahlte, dachte er darüber nach, wie albern es gewesen war, dass er es für möglich gehalten hatte, schwul zu sein. Jetzt hatte er den Beweis, dass dieser DNA-Test ein einziger Schwindel war.Er sah noch einmal in den Behandlungsraum zurück. In diesem Moment wandte sich auch Alex um, und als sich ihre Blicke trafen, zuckte Nick zusammen. Sein Herz fing an zu rasen, und er sah Alex mit aufgerissenen Augen an. Ihm wurde flau im Magen, und als er die Verwirrung in Alex‘ Gesicht erkannte, wusste er, dass Alex dasselbe spürte.“ (S. 113)
Einerseits klingt es verführerisch, über die Genetik den perfekten
Partner finden zu können. Andererseits beginnt die Gesellschaft auf Partnerschaften,
die nicht auf einem DNA-Match beruhen, herabzusehen. Bestehende Partnerschaften
werden zerstört, sobald ein Match daherkommt. Auch in Match-Partnerschaften
kann es Probleme geben, die sich die Beteiligten aber nicht anzusprechen wagen.
Wie sollte man an einem Gen-Code zweifeln können? Besonders groß ist aber die
Frage nach Fehlern und Manipulation. Wie kann es sein, dass ein heterosexueller
Mann einen anderen Mann als Match bekommt? Gab es einen Fehler im System? Was passiert,
wenn genetische Informationen eines Menschen eingeschickt werden, der dies gar
nicht selbst wollte? Was ist, wenn ein anderer sich als mein Match ausgibt, der
es in Wahrheit nicht ist?
Die im Roman angesprochenen ethischen Fragen sind wichtig und heute
sehr relevant. Leider ist die Umsetzung literarisch nicht durchgängig gut
gelungen. Die Figuren sind teilweise holzschnittartig. Insgesamt ist der Stil extrem
pathetisch und moralisierend. Schuldgefühle, Liebe, Zweifel – alles wird explizit ausformuliert, so wie niemand es wirklich denken würde. Die Formulierungen
sind mir zu platt. Auch die Entwicklungen, die Personen durchmachen, konnte ich
nicht immer nachvollziehen, insbesondere bei Christopher. Zu Anfang wird (auch
zu explizit) geschildert, dass er ein Mensch ohne Empathie ist, der die Mimik
und Gestik anderer Menschen nicht nachvollziehen kann, der Freude am Leiden anderer
hat und gelangweilt durchs Leben geht, weil er nicht lieben kann. Das ist angesichts
der Diagnose als Psychopath noch einigermaßen realistisch. Dann aber soll durch
das Zusammensein mit seinem Match eine Wandlung eintreten, die angesichts
seiner angeborenen Hirnverschaltung absolut nicht nachvollziehbar ist. Es wäre märchenhaft,
wenn Psychopathen durch wahre Liebe „geheilt“ werden könnten. Ähnliches gilt
für die „unentdeckte Homosexualität“ von Nick. Dennoch wird die Spannung über 500
Seiten aufrechterhalten, da jede Geschichte nur häppchenweise erzählt wird. Leider
sind die Geschichten der fünf Personen untereinander in keiner Weise verbunden.
Man hätte aus dem
spannenden, aktuellen Thema literarisch viel mehr machen können. Der
Schreibstil ist viel zu plakativ und unnötig moralisierend, so dass er
teilweise an einen Schundliebesroman erinnert. Schade!
The One – Finde dein perfektes Match, John Marrs, aus dem Englischen
von Felix Mayer, Wilhelm Heyne Verlag, München 2019, 496 Seiten, 15,99 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher
Erlaubnis des Verlags.)
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