Worum geht es? Protagonist ist Dick Meier, der mit Mitte
zwanzig noch mit den Eltern in einem Reihenhaus in einem grünen Zürcher Vorort
wohnt und gerade sein Studium hingeschmissen hat. Seinen seltsamen Vornamen hat
er dem Umstand zu verdanken, dass seine Eltern Fans von Dick Cheney sind. Außer
mit dem Haushalt ist Dicks Mutter damit beschäftigt darüber nachzudenken, was
aus ihrem Sohn werden soll und was die Nachbarin Frau Welti im Misserfolgsfall
darüber denken könnte. Dick heuert als Ungelernter in einer Schweizer Großbank
an.
Dick erlebt im Alltag der Bank zunächst, dass alle
beschäftigt tun, aber hauptsächlich den Tag rumbringen müssen, ohne dass jemand
merkt, dass sie nichts Sinnvolles tun. Entsprechend oft muss Dick in die Confiserie
Sprüngli hinunter gehen, um Cremeschnitten zu essen. Natürlich haben alle Kollegen Dreck am Stecken, sind verschuldet
durch waghalsige Spekulationen, schlafen sich in der Bank nach oben oder nehmen
Happy Pills. Vor allem will jeder befördert werden, die Wochenstatistik der
erfolgreichsten Verkäufer anführen und am meisten zu sagen haben. Alle sind von
geheimen Seilschaften und Verschwörungen gegen sich überzeugt, Dick
eingeschlossen.
„Am Montag liegt eine schwarze Bibel auf dem Hellraumprojektor. Die Kursleiterin zündet eine Kerze an und bittet Dick, nach vorn zu kommen. Heute beginnt der richtige Kurs, sagt sie, und der beginnt mit einem Eid, dem Vreneli-Eid. Dick muss die rechte Hand auf die Bibel legen und ihr nachsprechen:Hiermit schwöre ich zu schweigen. Zu schweigen über den Vreneli-Kurs und zu schweigen über den Vreneli-Code. Amen.Das Mütterchen guckt ihm streng in die Augen und er versucht, nicht zu lachen. Dann wird die Bibel durch ein Heidi-Buch ersetzt, auf dem Dick noch einen zweiten Schwur leisten muss, nämlich, die Schätze der Schweiz nicht ans Ausland zu verkaufen. Dieser zweite Eid ist neu und wurde nötig, nachdem ein Bankmitarbeiter Kundendaten an Amerika verraten hat.“ (S. 124)
Während Dick damit beschäftigt ist, Briefumschläge an Kunden
in Schönschrift zu adressieren, damit sie wie unverdächtige Privatpost aussehen,
erzählt er zuhause, wie erfolgreich er in der Bank aufsteigt. Obwohl er eher
den Betrieb durcheinanderbringt, steigt er durch eine Reihe absurder Missverständnisse tatsächlich auf. Nun muss er noch von zuhause ausziehen, um endlich den Eltern
zu entkommen, landet dabei aber in einer ziemlich miesen Gegend, was neue
Komplikationen bringt. Alles ist so verfahren, dass Dick ein skrupelloses Alter
Ego namens Mobbing Dick entwickelt, das sich endlich alles traut, was Dick als
Mutters guter Junge eben nicht tun kann. Auch das gerät natürlich außer Kontrolle
und führt direkt in die Katastrophe.
Der Plot ist irrsinnig, die Geschichte übt Gesellschaftskritik
nicht nur am Schweizer Bankenwesen, sondern auch an der Schweizer Spießbürgerlichkeit.
Alle Charaktere sind satirisch überzeichnet, was auf 300 Seiten manchmal ein
bisschen anstrengend wird. Aber das ist mal etwas anderes in der Buchlandschaft.
Ob ich es zur Lektüre empfehlen soll, weiß ich nicht so recht. Es ist
jedenfalls sehr speziell. Insbesondere am Schluss schießt der Autor aus allen
Rohren. Da wurde es mir ein bisschen zu viel. Am Lustigsten ist da noch die
Figur der 2-Meter-Hure Cornelle.
Eine Tour de Force
durch das wahnsinnige Leben eines paranoiden Muttersöhnchens, das in der Machowelt
einer Schweizer Großbank erwachsen werden will. Nur für Leser mit Hang zum
Grotesken zu empfehlen.
Mobbing Dick, Tom Zürcher, Salis Verlag, Zürich 2019, 320
Seiten, 24,00 EUR
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