Donnerstag, 2. Januar 2020

Tuareg, Alberto Vázquez-Figueroa


Dieser Roman des 1936 geborenen spanischen Schriftstellers Alberto Vázquez-Figueroa ist der erste einer Trilogie und wurde im Original erstmals 1980 veröffentlicht. Weltweit verkaufte er sich laut Wikipedia über 5 Mio. Mal. Er spielt hauptsächlich in der Wüste Sahara in einem nicht näher bestimmten afrikanischen Land nach dessen Unabhängigkeit von französischer Kolonialherrschaft.

Titelheld ist Gacel Sayah, ein Jäger vom Stamme der Tuareg, einem muslimischen Berbervolk. Thema des Romans sind die jahrhundertealten Gesetze und Gebräuche der Tuareg, die im Widerspruch zu den Gesetzen des Staates und der modernen Lebensweise des 20. Jahrhunderts stehen.

Gacel lebt mit seiner Familie und seinen Dienern bzw. Sklaven nomadisch in der Sahara. Er kennt die Wüste wie kaum ein anderer und kann mit dem entbehrungsreichen Leben in der kargen Landschaft besonders gut umgehen. Er ist ein Ehrenmann, dem die Einhaltung der Gesetze seines Volkes wichtig ist. An erster Stelle steht das Gesetz der Gastfreundschaft. Eines Tages kommen zwei fremde Männer zu ihm. Er nimmt sie als Gäste in seine Zelte auf. Anderntags erscheinen Unbekannte mit Soldaten und ermorden einen der Männer im Zelt, den anderen Mann verschleppen sie, ohne dass Gacel dies verhindern kann. Nach dem Gesetz muss Gacel den Tod seines Gastes rächen sowie den verschleppten Mann befreien, da dieser immer noch unter dem Schutz seines Gastgebers steht. Gacel lässt nichts unversucht um herauszufinden, wer die Verfolger seiner Gäste sind.

Im Laufe der überaus spannenden Geschichte findet Gacel mittels mancher List heraus, dass die Tat politische Hintergründe hatte und wer deren Drahtzieher sind. Zu Fuß und auf Kamelen durchquert er unglaubliche Distanzen, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen und seinem ehemaligen Gast zu helfen. Er lässt sich von Gluthitze, Hunger, Durst und Müdigkeit nicht aufhalten und leistet Übermenschliches. Seinen Gegnern wird bald klar, dass Gacel zwar ungebildet, aber sehr klug und durch seine altmodische Lebensweise besser an die Umgebung der Wüste angepasst ist als jeder andere. Gacel liebt die Wüste trotz ihrer Unwirtlichkeit. Er lässt seinen Ehrbegriff nicht durch neue politische Verhältnisse korumpieren, von denen er keine Ahnung hat und die ihn auch nicht interessieren. Für ihn zählt allein seine Freiheit im Land seiner Ahnen.

„Gacel war vor der stetig vorrückenden Zivilisation geflohen, hatte sich der Macht der Eindringlinge und der wahllosen Ausrottung der Wüstentiere zu entziehen versucht. Überall in der Sahara, von Timbuktu bis zu den Ufern des Nils, galt seine Gastfreundschaft als beispiellos, aber er stürzte sich auch voller Wut auf die Karawanen der Sklavenhändler, die unbesonnen genug waren, sich auf sein Territorium vorzuwagen.
‚Mein Vater hat mich gelehrt‘, sagte er, ‚immer nur eine einzige Gazelle zu töten, auch wenn die Herde dann flieht und es drei Tage kostet, sie wieder einzuholen. Ich kann mich von drei Tagesmärschen erholen, aber niemand kann eine unnötig getötete Gazelle wieder zum Leben erwecken.‘“ (S. 14)

Ein spannender Abenteuerroman über Recht und Unrecht sowie den Widerstreit zwischen nomadischer Lebensweise, Kolonialpolitik und Unabhängigkeitsstreben in der kargen Schönheit der Wüste Sahara. Poetisch geschrieben. Empfehlenswert!

Tuareg, Alberto Vázquez-Figueroa, aus dem Spanischen übersetzt (vermutlich von Hartmut Zahn, Übersetzer in der Ausgabe nicht genannt), Biblioteca Online Verlag (Selbstverlag), 2017, 284 Seiten, 14,40 EUR

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