Rainer Moritz sinniert über die ideale Buchhandlung, den
passenden Moment, in dem er als Buchkäufer von der Buchhändlerin angesprochen oder
in Ruhe gelassen werden möchte, und die Kunst in einem noch so kleinen und
verwinkelten Raum einen Buchladen mit Atmosphäre zu betreiben. Sodann besuchen
wir im Geiste einige außergewöhnliche Buchhandlungen in der Welt, etwa die in
Porto mit der Harry Potter-artigen Treppe, die inzwischen Eintritt nehmen muss,
die einzige deutsche Buchhandlung in Paris oder den Laden in Maastricht, der in
einer ehemaligen Kirche untergebracht ist. Immer wieder werden auch deutsche
Buchhandlungen in Stadt und Land konkret genannt und der Leser mit Anekdoten aus
diesen versorgt. Etwa dieser Geschichte über Clemens Bellut in Heidelberg, wie
es zur Gründung einer Buchhandlung kommen kann:
„Ich hatte das zufällige Glück, fast ohne irgendeine Suche eine wahrlich traumschöne Wohnung am Kornmarkt beziehen zu dürfen – was ich damals eher noch für eine kostenintensive Urlaubssituation hielt. Als es aber um die Frage ging, welche Einrichtungen künftig in ‚unserem‘ schönen Haus in die noch unvermieteten Ladengeschäfte einziehen würden, traf sich diese gelinde Sorge mit der entbehrenden ersten Erfahrung, dass ich eine Art Buchladen, wie ich ihn in allen ‚meinen Städten‘ (Bonn, Tübingen, Frankfurt, Zürich) gefunden und seither unbedacht für selbstverständlich gehalten hatte, in Heidelberg nicht mehr finden konnte. Und so bin ich auf die verwegene Idee verfallen, selbst als völlig unausgebildeter und unkaufmännischer, alternder Zeitgenosse für Abhilfe zu sorgen.“ (S. 118)
Nett ist das Kapitel über die oft totgesagte
Wasserglaslesung – habe ich mir in einer solchen doch genau dieses Buch von
Rainer Moritz in einer Hamburger Buchhandlung vorlesen und signieren lassen.
Wurde das Buch etwa zu dem Zwecke verfasst, das Überleben der Lesung als Format
zu sichern?! Das ist sicher gar nicht nötig, die deutschsprachige Leserin ist
sehr geduldig und hört Autoren stundenlang gerne zu, was ausländische Autoren
anscheinend außerordentlich verwundert. Das mag daran liegen, dass im Deutschen
sogar Literatur darüber verfügbar ist, was eine perfekte Lesung ausmacht.
Das Thema des Buches ist an sich schon ein angenehmes für
den bibliophilen Leser. Es wird von Rainer Moritz in schönsten Formulierungen
besprochen. Nicht unerwähnt lassen möchte ich die ansprechende Gestaltung des
Buches. Das Papier fasst sich wunderbar weich an, der Druck ist zweifarbig, so
dass Überschriften und Seitenzahlen rötlich abgesetzt sind, ein Lesebändchen
gibt ihm Stil – und nicht zuletzt darf ich sagen, dass das Buch einen
ausgesprochen angenehmen und anhaltenden Duft verströmt. Der Einband lässt ein erhebendes Knacken vernehmen, denn das Buch ist als Hardcover gebunden und
trotz des nicht ausufernden Umfangs eben nicht bloß ein schnödes Taschenbuch.
(Angeblich soll es Autoren geben, die das Signieren von Taschenbüchern
verweigern.)
Ein angenehmes
Wohlfühlbuch, in dem mancher sich oder seine Lieblingsbuchhandlung wiederfinden
wird. Auch haptisch, optisch und olfaktorisch ein echter Genuss!
Leseparadiese – Eine Liebeserklärung an die Buchhandlung,
Rainer Moritz, Sanssouci in der Thiele & Brandstätter Verlag GmbH,
München/Wien 2019, 160 Seiten, 14,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher
Erlaubnis des Verlags.)
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