Dienstag, 3. Dezember 2019

Das All und das Nichts – Von der Schönheit des Universums, Stefan Klein

Wir leben auf dieser kleinen Erde und sie ist uns alles, die ganze Welt. Dabei ist sie nur einer von Milliarden Planeten in einem sich stetig weiter ausdehnenden Universum. Oder gibt es gar das Multiversum? Sicher ist, dass wir nur einen Bruchteil dessen sehen, was existiert im weiten All.

Stefan Klein nimmt uns mit auf Entdeckungsreise zur Frage der Anfänge unseres Seins. Wie ist das Universum entstanden und wann? Was war vor dem Urknall? Gibt es überhaupt ein Davor? Woraus bestehen wir und alles, was uns umgibt? Jeder weiß heute, dass alles aus Atomen besteht. Aber die Forschung ist schon viel weiter vorgedrungen, bis in den Atomkern, der wiederum aus Teilchen besteht. Und einer Menge Nichts. Wobei – ist ein Nichts überhaupt denkbar? Ist nicht alles Etwas, auch wenn wir vielleicht noch nicht wissen, worum es sich handelt?

Wir begegnen Einstein, seiner Relativitätstheorie und der Quantenphysik, aber natürlich auch den modernsten Erkenntnissen der Forschung mitsamt ihren Weltraumteleskopen. Wer in diesen Gebieten nicht zuhause ist, wird in diesem Buch dennoch viel verstehen. Nicht alles – so ging es mir zumindest. Aber genug, um die Faszination zu erkennen. Die schwindelerregenden Zahlen, die das Ausmaß des Universums beschreiben, kann sich ohnehin niemand bildlich vorstellen.

Besonders gefallen hat mir an dem Buch, dass der Autor stets von etwas Alltäglichem ausgeht, um die wissenschaftlichen Dinge zu erklären. Anhand einer blühenden Rose geht er auf die Entstehung des Lebens auf der Erde ein. Ein Kriminalfall dient der Erläuterung von Zufall, Wahrscheinlichkeit und der Verbindung von Teilchen in großer Entfernung. Der Urknall wird zur conditio sine qua non der eigenen Geburt.

Ich bin zum zweiten Mal in kurzer Zeit der Theorie begegnet, es gäbe die Zeit gar nicht. Sie sei nur eine menschliche Illusion, in Wahrheit sei es Veränderung, die wir wahrnehmen. Um diese These dreht sich Martin Suters Roman „Die Zeit, die Zeit“ (vgl. meine Rezension). Stefan Klein reicht wissenschaftliche Belege dazu her.
„Boltzmanns geniale Leistung war es, den Unterschied zwischen Gegenwart und Zukunft anhand unseres Wissens und der Wahrscheinlichkeit zu erklären. Über die Gegenwart wissen wir mehr als über die Zukunft. Das Brot ist jetzt frisch, wir können es mit allen Sinnen erfahren. Sobald wir über die Zukunft nachdenken, verlieren wir dieses Wissen, weil unbekannt ist, wie sich die Atome bewegen. Für das Unwissen (…) fand Boltzmann ein Maß – eine Größe, die darüber Auskunft gibt, wie viel Information über einen Vorgang uns fehlt. Diese Größe heißt Entropie. Auch wenn wir die Entropie nicht direkt wahrnehmen können, spielt sie doch eine vielleicht noch wichtigere Rolle als die Energie. Denn die Entropie erklärt, warum sich die Welt bleibend verändert.“ (S. 162/163)
Das wirklich Tröstliche an dem Buch ist, dass es trotz aller wissenschaftlicher Fortschritte und der Entschlüsselung der Naturgesetze dem Menschen wohl nie gelingen wird, menschliches Verhalten genau zu berechnen, ja nicht einmal das Wetter genau vorherzusagen. Die Datenmenge, die dazu nötig wäre, ist schlicht so groß, dass das ganze Universum nicht ausreichen würde, um sie zu nutzen.

Astrophysik für Anfänger, vergnüglich und spannend verpackt, dabei philosophisch reizvoll. So macht Physik Spaß!

Das All und das Nichts – Von der Schönheit des Universums, Stefan Klein, S. Fischer Verlag, Frankfurt/Main 2017, 240 Seiten, 20,00 EUR

(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlags.)

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