„Sie setzten sich hin, ohne zu reden oder sich anzusehen.„Darf ich dich berühren?, fragte Fabian. Er sprach leise, als würde das die Verfänglichkeit der Frage verringern.„Vielleicht“, sagte sie und schüttelte den Kopf. „Ach nein. Also, ich meine: Ja.“ (…)Sie legten sich nebeneinander auf die Seite. Die Frau lächelte nicht, aber sie sah auch nicht widerwillig aus. Fabian begann, ihr über den rechten Arm zu streicheln, von der Schulter zur Hand und wieder zurück. Sie hielt die Augen geschlossen. Versuchte sie sich vorzustellen, er wäre jemand anders? Fabian strich über ihren Bauch. Wie lang blieb man bei einem Körperteil? Wenn er zu lange streichelte, fand sie ihn dann aufdringlich? Wenn er zu kurz streichelte, war es dann beleidigend?“ (S. 110)
Aus heiterem Himmel bekommt Fabian einen Anruf von zwei
kichernden 16-jährigen Mädchen, Zwillingen. Sie wollen ihn treffen, sie hätten
ihm etwas zu sagen. Und ehe er sich’s versieht, ist er mit den beiden zum Eis essen
verabredet, obwohl er keine Ahnung hat, wer sie sind. Fabian ist sehr erstaunt,
als die Mädchen ihm einen Zettel zuschieben mit der Aufschrift „Sie sind unser
Vater“. Wie soll das denn zugegangen sein?! Er kann sich an nichts erinnern!
Aber wenn es ihre Mutter doch sagt? An die kann Fabian sich auch nicht
erinnern. Aber so ganz auszuschließen ist ja wenig im Leben…
Die Zwillinge sind ja irgendwie ganz nett. Und Fabian ist
ein bisschen einsam. Wäre es nicht vielleicht sogar ganz schön, wenn er
vielleicht ihr Vater …? Erstmal weiter zuhören, fragen, nachforschen, denkt
sich Fabian, man hat ja Verantwortung. Oder sollen sie einen DNA-Test machen?
Fabian ist so ängstlich, verschroben und fast schon sozial
phobisch, dass ich mich besonders am Anfang des Buches ständig fremdgeschämt
habe. Interessant ist, wie er es im Laufe der Geschichte schafft, immer wieder über
seine sozialen Ängste hinwegzukommen. Schließlich will er die Dinge klären,
und das geht nur im Kontakt mit Menschen. Natürlich möchte man ihm ständig
zurufen, „frag endlich!“ oder „tu das!“. Aber es ist auch ganz rührend, wie er
seine Sehnsucht nach einer eigenen Familie in dieser seltsamen Konstellation zu
verwirklichen sucht. Ist es denn wirklich so wichtig, ob er wirklich der Vater
ist, wenn man sich doch gegenseitig mag?
Ein verrückter Plot
für eine klemmige Geschichte, vor allem in der zweiten Hälfte ganz amüsant.
Vaterschaftstest, Markus Behr, Verlag Klaus Wagenbach,
Berlin 2019, 192 Seiten, 12,90 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher
Erlaubnis des Verlags. Ich danke dem Verlag für das kostenlos zur Verfügung
gestellte Rezensionsexemplar.)
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