Mit ihrer Vergangenheit hat Antonia abgeschlossen. Außer
ihrer Schwester Astrid betrachtet sie ihre Herkunftsfamilie als tot. Und genau
das hat sie Adam erzählt. Der muss ja nicht alles wissen und sich nicht unnötig
aufregen. Auch von ihrem Liebhaber braucht Adam nichts zu wissen.
Das Problem ist, dass Antonia befürchtet, jemand könnte ihre
Verstellung bemerken. Bemerken, dass Adam eigentlich viel zu gut für sie ist.
Dass sie nur ein Parasit ist, voll Schuld, eine Voyeurin, die dem Leben anderer
zusieht, ohne ein richtiges eigenes zu haben. Es soll niemand wissen, dass Antonia
das Unglück anzieht. Das Unglück in Form ihrer Vergangenheit aber klopft an. Es
scheint ihr Schicksal zu sein.
„Das Schicksal hat mich mit Geheimnissen reich beschenkt, ich weiß gar nicht mehr wohin damit, ich finde in mir schon keine Schrankfächer mehr, in denen ich noch mehr Geheimnisse verstauen und verstecken könnte. Vielleicht sollte ich einmal das eine oder andere Geheimnis ausräumen, wegschmeißen, entsorgen. Vielleicht sollte ich endlich auf neue Geheimnisse verzichten, aber offenbar ist auch das eine Sucht, von der ich nicht loskomme. Die Sucht, neue, konventionelle, brave Geheimnisse zu sammeln, die ich dann vor die alten, bösen schieben kann, um die noch weiter nach hinten zu rücken, noch ein bisschen besser zu verstecken.“ (S. 156)
Doris Knecht betrachtet durch Antonias Augen die
österreichische Gesellschaft mit kritischem Blick, die wohlsituierten Fassaden,
den Fitnesszwang, die Beziehungswelt und die Kindererziehung. In bissigem Ton
deckt sie Falschheiten und Absurditäten auf. Das perfekte Leben hat in Wahrheit
eben niemand. Mir gefällt ihr direkter Ton, mit dem sie den alltäglichen
Wahnsinn in Gesellschaft und Familie anspricht.
Antonia wirkt zunächst etwas oberflächlich, sie tut eben immer
nur so als ob. Sie wirkt unbehaust und voller Selbsthass. Aber im Laufe des
Romans reift sie, setzt sich auseinander, erkennt, dass das Schicksal auch in
den eigenen Händen liegt und wir nicht nur dessen Opfer sind. Das macht
wirklich Spaß mitanzusehen.
Ein bissiger
Beziehungs- und Gesellschaftsroman mit einer erfrischend direkten Sprache und
einer Protagonistin, die an Tiefe gewinnt. Macht Spaß!
Besser, Doris Knecht, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei
Hamburg 2014, 288 Seiten, 10,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher
Erlaubnis des Verlags.)
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