Zweimal die Woche hört Max nachts eine Radiosendung. Die
hippe Moderatorin Clara nimmt Anrufe von Menschen entgegen, die von ihren
Problemen erzählen. Eines Nachts ruft auch Max dort an. Clara erscheint ihm so
vertraut. Er ist mehr als überrascht, als er Clara schließlich persönlich
kennenlernt.
Max versucht mit Claras Hilfe zu verstehen, was geschehen
ist. Von seiner jetzigen Bleibe in Leipzig aus geht er zurück nach Wien, wo er
lange Zeit gelebt und in einer großen Kanzlei für Völkerrecht gearbeitet hat.
Er findet Querverbindungen, die ihn verblüffen. Wer kennt wen und in welchem
Zusammenhang? Was hat das mit Jessies Selbstmord zu tun? Bildet er sich das
alles nur ein in seinem Drogenrausch? Oder ist er am Ende psychisch krank?
„Außerdem, sagt sie, gibt es zwei Seiten in mir. Die eine will Radio machen und den Leuten beibringen, wie scheißegal alles ist. Dass nur eine Sache ein bisschen Linderung von der großen, umfassenden Langeweile verschaffen kann: nämlich die Macht über andere Menschen.Ich fürchte, sagte ich, das weiß die Menschheit bereits.Dann sollen sie aufhören mit der Heuchelei, sagt Clara.Und die andere Seite?Meine andere Seite gehört Leuten wie meinem Professor.Was willst du von ihm?Er soll es mir schriftlich geben, dass ich nicht nur genauso intelligent bin wie er, sondern auch genauso rücksichtslos.Wem gegenüber, frage ich.Natürlich mir selbst gegenüber, sagte sie.Wahrscheinlich wirst du nicht antworten, wenn ich frage, wozu das gut sein soll.Ganz recht, sagt sie.“ (S, 220)
Dieser Roman hat mich eingesogen von der ersten Seite an.
Eine spannende Geschichte, die zuerst nach einer persönlichen Tragödie
aussieht. Mehr und mehr verstricken sich aber die Handelnden zu einem mörderischen
Geflecht unterschiedlicher Interessen und verborgener Identitäten. Nichts ist
wie es scheint. Organisierte Kriminalität und internationale Beziehungen
könnten dahinter stehen, schließlich befindet sich in Wien ein Sitz der UNO. Aber
ist das nicht ein bisschen zu weit hergeholt? Juli Zehs allererster Roman bleibt
spannend bis zum Schluss.
Ein faszinierender
Psychothriller, mit Witz und Raffinesse komponiert, atemberaubend bis zur
letzten Seite!
Adler und Engel, Juli Zeh, btb Verlag (Random House Gruppe),
München 2003, 448 Seiten, 11,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher
Erlaubnis des Verlags.)
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