Es ist schön zu lesen, wie die drei sich in der Wohnung
arrangieren. Sylvester und die Erzählerin überlegen sich Strategien, wie man
Matilda helfen könnte. Sie stellen nichts in Frage, sondern akzeptieren
einander wie sie sind. Und das geht durchaus in alle Richtungen. Sylvester versteckt
sich manchmal im Bad, um den Besuchen seiner Verflossenen zu entgehen. Und die
Erzählerin ist etwas unorganisiert und macht sich ständig Gedanken um alles und
nichts. Nur an ihre Magisterarbeit macht sie sich nicht.
Matilda wartete um sieben auf der anderen Straßenseite. Wir liefen durch die Stadt, bis es empfindlich kalt wurde. Wir fingen schnell mit allem an. „Warum hast du dir Sachen für Fische einpacken lassen?“, fragte ich, weil es nichts gab, was zu früh gefragt werden könnte. Matilda sagte nichts, weil es nichts gab, das zu spät gesagt werden könnte.Wir fingen mit allem Möglich durcheinander an, Matilda und ich hatten uns alles zu sagen und überhaupt nichts. Wir fingen von den Sorgen um acht an der Bushaltestelle an und von denen, die kommen, wenn alle anderen scheinbar schlafen. Von der Angst vor Sonntagvormittagen und dem Pelz auf dem restlichen Sonntag, wenn man die erste Hälfte verschlafen hat. (S. 90/91)
Es wird bald deutlich, dass Matilda an einer psychischen
Erkrankung leidet. Es stellt sich die Frage, was es eigentlich bedeutet „verrückt
zu werden“. Ist die Angst davor schon eine Verrücktheit oder gerade der Beweis für
die eigene Gesundheit? Im Nebeneinander von Matilda und der Erzählerin wird
deutlich, dass Ängste und Marotten in verschiedenen Abstufungen vorkommen, auch
bei denen, die vermeintlich „normal“ sind.
Insgesamt konnte mich „Erste Hilfe“ leider nicht so fesselt
wie Lekys andere Bücher. Die Geschichte plätschert so dahin. Die Formulierungen
wiederholen sich ebenso wie die Gedankenschleifen in den Köpfen. Der Stil ist
witzig, wenn auch nicht ganz so gelungen wie in „Die Herrenausstatterin“. Das
Thema indes ist ein sehr wichtiges. Gut gefallen haben mir die
Kapiteleinleitungen, mit denen der Leser auf den Inhalt des Folgenden
eingestimmt wird, z.B. so:
Achtes Kapitelin dem die Erzählerin einiges über Königshäuser erfahren und mit Gummibändern und fleischfressenden Pflanzen hantiert wird. (S. 117)
Ein Roman über
Freundschaft, Akzeptanz und das vermeintlich Normale, der leider etwas flach
bleibt.
Erste Hilfe, Mariana Leky, DuMont Verlag, Köln 2004, 192
Seiten, 11,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher
Erlaubnis des Verlags.)
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