Von Mariana Leky haben sicher schon viele gehört. Ihr Roman „Was
man von hier aus sehen kann“ (vgl. meine Rezension) ist seit Langem auf der
Bestsellerliste und hat mir großartig gefallen. Also will ich unbedingt auch
ihre anderen Bücher lesen. „Die Herrenausstatterin“ kann mit dem erstgenannten
Buch nicht ganz mithalten – was bei dem großen Wurf aber auch nicht verwundert
-, ist aber trotzdem ein sehr gutes, lesenswertes Buch.
Der Schreibstil ist unverkennbar Leky. Die Abwegigkeiten,
die das Leben eben ausmachen, spricht sie mit großer Direktheit und
Selbstverständlichkeit an, und das in sehr kreativer und lustiger Sprache. So
gelingt es ihr, ein Buch über Trauer, Abschied und das Überleben danach zu
schreiben, das anrührend und unterhaltsam zugleich ist.
Die Erzählerin Katja (Mitte 30) liebt Jakob, doch Jakob
liebt eine andere. Und dann stirbt er auch noch. Katja schwindet der Boden
unter den Füssen, sie weiß nicht mehr weiter. Es geht ihr so schlecht, dass ihre
Freundin Evelyn sie ermahnen muss, „Nicht hinterhersterben.“ (S. 41). Aber wie
soll sie das machen? Es ist so still – nur nicht in ihrem Kopf. Katja versucht
sich abzulenken, aber manchmal gelingt es ihr kaum vom Fußboden aufzustehen.
„Als es eines Nachts an der Tür klingelte, hatte es, glaube ich, schon sehr lange nicht mehr geklingelt. Seit Jakobs Tod verging die Zeit nicht mehr so, wie man das von ihr gewohnt war, auch Ablaufdaten war nicht zu trauen. Die Zeit hatte jetzt starke Rhythmusstörungen, sie ruckte nach vorne, tippelte auf der Stelle, mal blieb sie stehen, mal raste sie, und nicht selten tat sie alles zugleich. (…) Jakobs vollkommene Abwesenheit, die am Anfang etwas Spitzes, Schneidendes, Ohrenbetäubendes gewesen war, war jetzt großflächig geworden, sie umgab mich wie eine Landschaft, in die ich versetzt worden war, in die ich meinen Hauptwohnsitz hatte verlegen müssen, in der ich mich insbesondere nachts verlief.“ (S. 61)
Plötzlich sitzt ein Mann auf dem Wannenrand, ein alter Mann,
der sich als Dr. Blank vorstellt. Er sei Altphilologe. Und weil er merkt, dass
es Katja gar nicht gut geht, bleibt er eine Weile. Dabei hat er seine eigenen
Probleme, z.B. seine Frau, die bei einem Herrenausstatter arbeitet – und ihn
mit dem selbigen betrügt. Und dann ist da noch Armin, der behauptet
Feuerwehrmann zu sein. Dabei sieht seine Uniform eher aus wie vom
Kostümverleih. Und er taucht auf, obwohl es gar nicht brennt. Auch er schleicht
sich in Katjas Leben ein ohne zu fragen. Manchmal passieren eben nicht die
naheliegenden, sondern die abwegigen Dinge im Leben.
In diesem kurzweiligen Roman erfahren wir, wie dieses
seltsame Dreiergespann mit dem eigenen Päckchen umgeht, das jeder von ihnen zu
tragen hat. Vor allem mit Katjas Trauer konnte ich mich sehr identifizieren,
ihre Gefühle sehr nachvollziehen. Man schließt die Figuren der Geschichte
gleich ins Herz. Manchmal muss man über Katjas Humor lachen und doch
gleichzeitig weinen, weil die Situation wirklich so traurig ist.
Ein fabelhafter Roman
über die Trauer, die jeden von uns jederzeit treffen kann. Im Ernstfall kann
man nur hoffen mit ebenso viel Humor gesegnet zu sein.
Die Herrenausstatterin, Mariana Leky, DuMont Buchverlag, Köln
2010, 208 Seiten, 11,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher
Erlaubnis des Verlags.)
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