Nachdem ich sehr begeistert von David Belbins „The All Night
Bookshop“ war (siehe meine Rezension https://www.buch-lady.de/2018/12/the-all-night-bookshop-david-belbin.html),
habe ich nach weiteren Büchern von diesem Autor gesucht. Es gibt eine Menge! Dieser
Roman hat mich sehr angesprochen, weil es sich um eine Geschichte im
Literaturmilieu handelt.
Mark Trace wächst in einem Nest in Lancashire auf. Seine
Mutter ist Bibliothekarin und gibt ihm die Liebe zum Lesen mit. Er, der
Einzelgänger und Außenseiter, findet Zuflucht in Büchern. Während der Schulzeit
entdeckt er ein besonderes Talent. Als Hausaufgabe soll jeder ein Kapitel eines
Dickens-Romans schreiben und dabei den Stil des Autors imitieren. Dies gelingt
Mark so gut, dass man ihn für einen Schwindler hält. Für Mark wird klar, dass
er Schriftsteller werden will.
Nach dem Schulabschluss mit noch nicht einmal 18 Jahren fährt
er auf eigene Faust nach Paris, um seinen großen Vorbildern wie Hemingway und
Joyce nachzueifern, die dort bedeutende Werke geschrieben haben. Er kauft sich
eine alte klapprige Schreibmaschine und versucht wie Hemingway zu schreiben.
Was als Fingerübung gedacht war, gerät aber ungewollt auf Abwege.
„As for my own writing, I didn’t know if I was writing a comedy or a coming-of-age novel. How could I write such a thing? I hadn’t come of age. As an experiment, I started to write my own versions of the missing stories. I thought that, by imitating Hemingway, I might learn something. (…) I threw endless pages away. Why should I think that I was good at this? But when I began typing, the words that came out were my own, yet not my own. Carlos Baker, in his edition of the letters, listed Hemingway’s most common grammatical, punctuation and spelling errors. I included a few of these, superstitiously thinking that, by making Hemingways’s mistakes, some of his talent might rub off on me.” (S. 21/22)
Mark geht zurück nach England, um in London sein Literaturstudium
zu beginnen. Er findet einen Gelegenheitsjob bei einem kleinen Ein-Mann-Literaturmagazin,
The Little Review. Dieser wird ihm bald wichtiger als seine Vorlesungen. Mit
dem Schreiben seines eigenen Romans geht es nicht recht voran. Mark findet keinen
eigenen Stil, kein packendes Thema, ist unzufrieden. Er lernt, dass Kunst nach
Brot geht. Wenn das Fälschen berühmter Kunstwerke Geld bringt, warum sollte es
mit Literatur anders sein?
Im Dickicht
verschwundener Manuskripte, Literaturförderung und chaotischen Archiven
entwickelt sich ein spannender Thriller an geschichtsträchtigen Orten. Der
berühmte Buchladen Shakespeare & Co. in Paris taucht ebenso auf wie die
Gartenhütte, in der Roald Dahl stets geschrieben hat. Zeitgenössische Autoren
wie James Sherwin und Graham Greene, die mit dem Herausgeber der Little Review
befreundet sind, melden sich postalisch. Natürlich bekommt Mark, die Unschuld
vom Lande, es in Paris und Soho auch mit den Frauen zu tun. Und die haben es
faustdick hinter den Ohren. Das Ende ist dann wirklich überraschend.
Eine sehr spannende
Geschichte im Land der Bücher, die einfach Spaß macht!
The Pretender, David Belbin, Five Leaves Publications
Nottingham/GB 2008, 224 Seiten, englischsprachige Ausgabe
Zusatz-Info: Das Buch ist in deutscher Übersetzung unter dem
Titel „Der Hochstapler“ im Rowohlt Verlag für 8,99 EUR erschienen.
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