Die Idee, dem Ernährungskompass ein entsprechendes Kochbuch
an die Seite zu stellen, fand ich super! Der Ernährungskompass hat mich mit
seiner umfassenden, nachprüfbaren Information und Systematik total überzeugt.
(siehe meine Rezension https://www.buch-lady.de/2019/01/der-ernahrungskompass-bas-kast-c.html) Ich habe das Kochbuch sofort ausprobiert.
Fotos von den Ergebnissen gibt es weiter unten in diesem Artikel. Um es gleich zu sagen: Das Buch hätte man sich sparen können.
Die Rezepte im Kochbuch sind nach Tageszeiten (Morgens, Mittags, Abends) gegliedert. Bas Kast erläutert, dass es einen großen
Unterschied macht, zu welcher Tageszeit wir welche Nährstoffe essen, da wir
Kohlenhydrate z.B. morgens besser tolerieren als abends. Das Konzept ist
einleuchtend. Als Antwort auf die Frage, „Ja, herrje, Bas, was kann man denn heutzutage
überhaupt noch essen?“ (S. 36) ist im Kochbuch eine Ernährungsampel enthalten
(auch auf der vorderen Pappumschlagseite zum Ausklappen). Grün gekennzeichnete
Lebensmittel sind empfehlenswert, rot gekennzeichnete sollte man meiden. Die Aufzählung
der Nahrungsmittel ist erfreulich ausführlich, so steht im grünen Bereich nicht
einfach „Gemüse“, sondern es werden Gemüsesorten aufgezählt. Das ist recht übersichtlich.
Vor den Rezepten steht ein
Textteil, in dem Bas Kast erklärt, wie dieses Kochbuch entstanden ist
(Leseranregung) und eine Schnellzusammenfassung des Ernährungskompasses gibt,
insgesamt auf über 30 Seiten. Für mich persönlich hätte es dieser
Zusammenfassung nicht bedurft. Ich hab das andere Buch schließlich gelesen. Und
die Zusammenfassung allein ist deutlich zu kurz, um die wichtigsten Informationen
zu verstehen, wenn man den Ernährungskompass nicht gelesen hat. Doch das ist Geschmackssache.
Genau hier ist aber auch schon
Schluss mit Bas Kast, der als Hauptautor des Kochbuchs aufgeführt wird. Er sagt
in der Einleitung ganz klar, dass er auf die Leserfrage nach Rezepten schlicht
nichts vorzuweisen hatte. Er sei in der Küche halt Amateur (S. 12). Mit anderen
Worten: Die Rezepte, die den Hauptteil dieses Buches ausmachen, wurden von der
Co-Autorin Michaela Baur entwickelt. Bas Kast hat wohl danach mal mit drüber
geschaut. Daher verwundert es nicht, dass die Darstellung der Rezepte so gar
nicht zu dem Ton passt, der mir im Ernährungskompass so gut gefallen hat. Der
Ernährungskompass zeichnet sich aus durch absolute Klarheit und den Ansatz
einer „No-Bullshit-Zusammenfassung“ (S.11), wie Bas Kast es in der Einleitung
zum Kochbuch nennt. Genau das ist im Kochbuch leider verloren gegangen. Ich
empfinde das als Mogelpackung und Geschäftemacherei mit der Marke „Ernährungskompass“,
zumal der praktische Nutzen des Kochbuchs gering ist.
Das größte Manko sind aus meiner
Sicht die Bilder. In diesem Kochbuch wurde ersichtlich viel Wert auf die
Fotografien gelegt, der Eifer jedoch an völlig falscher Stelle verpulvert. So
gibt es oft stimmungsvolle, ganzseitige Bilder, z.B. von Bas Kast, der
genießerisch vor einem Teller mit rohen Hülsenfrüchten sitzt (S. 9). Aber es
gibt zu sehr vielen der Rezepte KEINE Abbildung!! Das geht für ein modernes
Kochbuch gar nicht. Der berühmte Food-Porn-Effekt, der einen entzückt und mit
wässerigem Mund durch das Kochbuch blättern lässt, bereits planend, wann man
all das Leckere nachkochen könnte, tritt leider nicht ein. Die ganze optische
Aufmachung hat mir so gar keine Lust zum Kochen gemacht. Es sind auf jeder
Rezeptseite wohlkomponierte Bilder, aber bei einem Müslirezept mit Zimt sind
z.B. einige versprengte Prisen Zimt abgebildet statt des Müslis selbst. Was das
soll, verstehe ich wirklich nicht.
Die Rezepte – zumal die ohne
Bilder! - hätten deutlich klarer und informativer sein müssen. Es fehlt
jegliche Angabe zum Nährwert der Gerichte, es gibt also weder eine Angabe zu
Kalorien, noch zu dem Anteil an Fett, Kohlenhydraten, Ballaststoffen o.ä. Das
könnte ich zur Not noch unter dem Aspekt verschmerzen, dass Bas Kast betont,
seine Vorstellung von gesunder Ernährung basiere gerade nicht auf dem
Kalorienzählen.
Es fehlt jedoch auch jede Angabe
darüber, wie lange die Herstellung eines Gerichts insgesamt dauert. Wie sich
bei meinem Probekochen (siehe unten) herausgestellt hat, kam ich auch mit den
Garzeiten nicht hin, die teilweise sehr vage angegeben waren. Gleiches gilt für
die Mengenangaben. Die Angabe, dass alle Rezepte (soweit nicht anders
angegeben) für 4 Personen gedacht sind, wird ungeschickt im Textteil versteckt.
Positiv ist, dass keine allzu
ausgefallenen Zutaten verwendet werden. Auffällig ist aber der „Gewürzspleen“
von Michaela Baur, die im Klappentext „Gewürzsommelière“ genannt wird. Ich
liebe Gewürze, aber ich bin eine berufstätige Frau. Und bei der Empfehlung,
meinen Kardamom nur selbst aus ganzen Kapseln zu mörsern (z.B. S. 43), hört
meine Geduld einfach auf. Es ist ein guter Tipp, aber es wäre schön gewesen,
wenn außer der Angabe von ganzen Kapseln alternativ auch die Menge von fertig
gemahlenem Kardamom angegeben worden wäre. Gleiches gilt für die Verwendung von
Frischhefe, bei der keine alternative Menge von Instanthefe angegeben wird (S.
58). Meine Küche ist gut ausgestattet, aber einen Mörser besitze ich nicht, und
bei der Verwendung eines Fleischthermometers (S. 96!) – obwohl das ganze Buch
nur vier Fleischrezepte enthält – fühlte ich mich etwas veräppelt.
Manche der Zutatenangaben fand
ich seltsam, z.B. „100 g gekochte Kidneybohnen“ (S. 101). Sind das solche aus
der Konserve? Oder sollte ich sie vorher selbst kochen? Dann wäre es nett
gewesen, das im Rezept zu erwähnen (Zeitfaktor!). Wie viele getrocknete
Kidneybohnen zum selbst kochen benötige ich denn, damit dabei 100 g gekochte
herauskommen? Gleiches gilt für „Apfel- oder Birnenmus“ (S. 47). Wo kauft man
denn Birnenmus, so dass es nicht als Industrienahrung gilt, im Babygläschen?
Ärgerlich finde ich auch die Verwendung von Kleinstmengen von Zutaten, die man
nur in größeren Mengen kaufen kann, wie „2 Stiele Thymian“ (S. 106). Der Rest
verdirbt leicht. Oder unter dem Rezept steht „mit frischer Petersilie
servieren!“ (S. 141), ohne dass die Petersilie in der Zutatenliste steht.
Manche Mängel scheinen Kleinigkeiten
zu sein, in der Gesamtschau entsteht bei mir aber der Eindruck, dass das
Kochbuch für die praktische Anwendung nicht genug durchdacht und ausprobiert wurde.
Das führt zu dem frustrierenden Ergebnis, dass ein Rezept nicht beim ersten Mal
gelingt.
Drei Rezepte habe ich ausprobiert und nachgekocht, das Ergebnis auf den folgenden drei Fotos festgehalten:
Müsli à la Bircher, S. 97 (Morgens)
Das Müsli hat gut geschmeckt, gut gesättigt und war mit vertretbarem Aufwand herzustellen. Im Nachhinein hätte ich den Apfel (rechts auf dem Teller) feiner reiben müssen. Ob er grob oder fein gerieben werden sollte, stand nicht dabei, ein Bild gab es nicht. Dann hätte sich der Zimt besser darin verteilen lassen und der Apfel sich besser mit dem Müsli gemischt.
Das Müsli hat gut geschmeckt, gut gesättigt und war mit vertretbarem Aufwand herzustellen. Im Nachhinein hätte ich den Apfel (rechts auf dem Teller) feiner reiben müssen. Ob er grob oder fein gerieben werden sollte, stand nicht dabei, ein Bild gab es nicht. Dann hätte sich der Zimt besser darin verteilen lassen und der Apfel sich besser mit dem Müsli gemischt.
Nudeln mit Lachs-Spinat-Soße, S. 93 (Mittags)
Das Gericht hat gut geschmeckt und war für ein Hauptgericht relativ schnell gemacht (ca. 30 Minuten, es ist eins der einfacheren Rezepte im Buch). Die Mengenangaben stimmten aber gar nicht. Die Menge auf dem Bild entspricht etwa ¼ der Gesamtmenge des 4-Personen-Rezepts. Ich brauchte locker zwei Portionen, um satt zu werden. Das Gemüse ist etwas verkocht, weil die Kochreihenfolge meiner Meinung nach umgekehrt hätte sein müssen. Am längsten kochten die Vollkornspaghetti, die im Rezept aber erst nach der Soße genannt wurden. Der Spinat war trotz ausgeschalteter Platte dann deutlich zu lange gekocht, dessen Gesamtgarzeit nicht angegeben. Die Soße aus Creme fraiche war sehr dünnflüssig.
Gebratene Ananas mit Himbeerpüree, S. 121 (Mittags)
Die Ananasscheiben blieben in der Pfanne sehr blass. Etwas Öl zum Braten hätte geholfen, stand aber nicht im Rezept (in anderen Rezepten war das Bratöl ausdrücklich erwähnt). Die Kombination aus Ananas und Himbeerjoghurt war sowohl farblich als auch geschmacklich gar nicht mein Fall. Etwas langweilig und fad.
Die Ananasscheiben blieben in der Pfanne sehr blass. Etwas Öl zum Braten hätte geholfen, stand aber nicht im Rezept (in anderen Rezepten war das Bratöl ausdrücklich erwähnt). Die Kombination aus Ananas und Himbeerjoghurt war sowohl farblich als auch geschmacklich gar nicht mein Fall. Etwas langweilig und fad.
Enttäuschend! Wer gut kochen kann, braucht dieses Buch nicht. Wer kein Gourmetkoch ist, den werden die vagen Rezeptangaben frustrieren. Das Buch macht keine Lust aufs Kochen.
Der Ernährungskompass – Das Kochbuch, Bas Kast, in Zusammenarbeit
mit Michaela Baur, fotografiert von Mike Meyer, C. Bertelsmann Verlag München
2019, 224 Seiten, 22,00 EUR
(Die Verwendung des Coverbildes erfolgt mit freundlicher
Erlaubnis des Verlags. Ich danke dem Verlag für das kostenlos zur Verfügung
gestellte Rezensionsexemplar.)
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