Dies ist eine Romanbiografie über John Lennon, erzählt
(scheinbar) von ihm selbst. Der Leser begleitet den Ex-Beatle zu seinem
Psychoanalytiker, jedes Kapitel eine Sitzung. Analytiker sagen bekanntlich
nicht viel, und so ist es ausschließlich die Stimme von John Lennon selbst, die
uns berichtet.
Laut Vorspann finden alle Sitzungen in der Zeit von September
1975 bis zum 7. Dezember 1980 statt, also von der Geburt von Lennons zweitem
Sohn Sean bis zum Tag vor dem tödlichen Attentat. Glaubhaft ist der
Erzählansatz, dass es Johns neuer Rolle als Hausmann und Vater geschuldet ist,
dass er sich Zeit zur Reflexion nehmen kann. Besonders gelungen ist vor allem
der Erzählton. Dieser entspricht sehr dem Ton der vielen langen Interviews, die
Lennon in den 1970er Jahren gegeben hat, die in voller Länge sowohl in Buchform
(z.B. Lennon über Lennon. Leben in Amerika, Rowohlt Verlag 1981) als auch als
Tondokumente veröffentlicht wurden. Auch im Roman hört man Lennons deutliche,
zuweilen derbe Ausdrucksweise in sehr authentischer Weise.
Nach einer kurzen Einleitung erzählt Lennon nach und nach
sein ganzes Leben, von der Kindheit in Liverpool über die ersten Erfolge der Beatles
in Hamburg bis zu deren kometenhaftem Aufstieg, der Trennung der Band bis hin
zu seinem neuen Leben in New York als Friedensaktivist und Solokünstler.
Die Geschichte ist nicht neu, über John Lennons Leben ist
bereits viel veröffentlicht worden. Neu ist aber die Art des Erzählens. Der
Autor fokussiert auf die persönlichen Beziehungen in John Lennons Leben, und
zwar weniger die zu den anderen drei Beatles, sondern auf seine Eltern, Tante
Mimi, bei der er aufwuchs, Halbgeschwister, die beiden Ehefrauen Cynthia Lennon
und Yoko Ono sowie den Sohn Julian aus erster Ehe. Es wird kontrastiert, wie
sich die Zeit seiner ersten Ehe während des Aufstiegs der Beatles und seine Abwesenheit
während des Aufwachsens des Sohns Julian unterschieden von der zweiten Ehe mit
Yoko Ono mit dem zweiten Sohn Sean, für den er zum Hausmann wurde. Aus
Interviews ist uns bekannt, wie kritisch Lennon die Tourneezeit der Beatles im
Nachhinein gesehen hat, welche Verletzungen er aus seiner Kindheit mitgebracht
hatte, in der er sich von beiden Eltern im Stich gelassen fühlte und wie er
während seiner Beziehung zu Yoko Ono versuchte zu heilen und zu sich selbst zu
finden.
Über den Beginn seiner Beziehung zu Yoko Ono schreibt der
fiktive Lennon (S. 154):
„Seltsamerweise war es dann Cynthia, die die Sache ins Rollen brachte. Sie hat festgestellt, dass ich offensichtlich Gefühle für Yoko hatte. (…) War das nicht völlig absurd? Oder sah sie die Dinge einfach nur klar? (…) Kannte Cyn mich womöglich viel besser, als ich dachte? Sie hat immer gewusst, dass ich starke Charaktere um mich herum brauche. Charaktere, die die Rolle von Mutter und Vater einnehmen. Sie hat erkannt, dass Yoko diese Rolle spielen und meine neue Mutter werden konnte.“
Der Franzose David Foenkinos, selbst studierter Musiker,
Jazzgitarrist und lebenslanger Beatles-Fan, hat Lennons Lebensgeschichte gut
recherchiert. Teilweise arbeitet er mit Fußnoten um zu unterstreichen, dass der
natürlich fiktive Inhalt des Romans durch bestimmte Fakten und Daten
untermauert wird. Das von ihm gezeichnete Bild gibt akkurat wieder, was aus
anderen Sachbuchveröffentlichungen über Lennons Leben bekannt ist, aber durch
die Romanform in viel unterhaltsamerer Weise.
Dieser Roman entwickelt Sogwirkung. Lennons Erzählfluss
zieht den Leser hinein in ein intensives, aufregendes Leben voller Höhen,
Extreme und Abstürze. Der Leser scheint neben ihm zu sitzen, während er – immer
noch der einfache Junge aus Liverpool - im Plauderton und ohne Längen dieses
wahnsinnige und nur 40 Jahre kurze Leben erzählt, so wie er es (vielleicht)
empfunden hat.
Das Buch ist für
jeden Beatles-Fan ein Muss und für alle Biografie-Fans sehr zu empfehlen!
David Foenkinos, Lennon, aus dem Französischen von Christian
Kolb, Deutsche Verlags-Anstalt München 2018, 219 Seiten, 20,00 EUR
(Ich danke der Deutschen Verlags-Anstalt München für das
kostenlos zur Verfügung gestellte Rezensions-Exemplar. Die Verwendung des Coverbildes
erfolgt mit freundlicher Erlaubnis des Verlages.)
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